vorwort

Unter dem Titel „Estados de Animo“ (Gemütszustände) präsentiert Chido (Ricardo Vera) eine Auswahl gleichformatiger Bildern auf Papier. Der in Mexiko aufgewachsene Maler zeichnet Köpfe von Geschöpfen, die menschliche und abstrahierte Formen annehmen. Dabei verwendet er die Farbe als Kontrastmittel, um Relief und Ausdruck zu schaffen oder auch dies in Frage zu stellen.


Allen Köpfen ist der direkte Blick zum Betrachter gemeinsam, der als Gegenüber und Kommunikationspartner einbezogen wird. Wenn eine mündliche Kommunikation nicht stattfindet, so senden diese Gesichter eindeutig Signale an den Beobachter. Überdimensionierte Augen, Lippen und verformte Gesichtszüge betonen Gefühle und Sinnlichkeit. Die vollen Lippen und die ovalen Augenumrisse, die aus den schmalen Gesichtszügen hinauswachsen, markieren kommunikative und sinnliche Anreize von Frauen. Diese treten in den Vordergrund des Bildes, während die verformten und leidenden Gesichtszüge eine dunkle Schattenseite offenbaren. Stets sind Gegensatzpaare erkennbar, sei es schön - hässlich, sinnlich - erstarrt oder eine Gesichtshälfte und ihr Gegenstück.
Bei diesen starren Gesichtern mit frontalem Blick mag man an afrikanische Holzmasken erinnert sein, die den Avantgarden der europäischen Moderne neue Impulse in der Kunst einbrachten.

Die Porträts von Chido reflektieren die gegenwärtige Oberflächlichkeit der Menschen und ihre Identitäts-Masken, die sie tagtäglich oder zeitweise tragen. Den damit verbundenen Sinnverlust verdeutlichen wiederum manche der hier ausgestellten Arbeiten. Von der Entfremdung des eigenen Körpers ist es nicht mehr weit zum Mensch als Objekt, der Ähnlichkeiten zu Robotern und Maschinen entwickelt, weil er funktionieren muss. Mit dem Verlust von Orientierung in einer rational geprägten Welt knüpfen Chidos Werke an Gemälde von Francis Bacon, dem britischen Maler des Wahnsinns und der existenziellen Abgründe.  
Chidos Charakterstudien sind keine Nachahmungen der Wucht und Provokation in Bacons Bildern, hier treten eher die Ohnmacht des Menschen vor irrationalen Dingen und sein Vertrauen in steuerbare Vorgänge in den Vordergrund. Den Betrachter auf das Konstrukt „Mensch“ aufmerksam zu machen und eine zeitgemäße Formensprache dafür gefunden zu haben, ist der Beitrag des in Karlsruhe (und Heidelberg) lebenden Malers, der während seiner Arbeit in der mexikanischen Weltmetropole lebte.

Text von Julia Walter M.A., Kunsthistorikerin

Artwork by Chido ® All rights reserved by Ricardo Vera
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